Freie evangelische Gemeinden (FeG)

Die erste „Freie evangelische Gemeinde“ in Deutschland wurde durch den Kaufmann Hermann Heinrich Grafe (1818 -1869) gegründet. Grafe lernte während eines beruflichen Aufenthaltes in Lyon die Église évangélique libre kennen. Zurück in Elberfeld, wollte er seine Erlebnisse und Erkenntnisse innerhalb der dortigen reformierten Gemeinde umsetzen, scheiterte jedoch an der landeskirchlichen Realität. Grafe lehnte es ab, gemeinsam mit Menschen in einer Gemeinde zu sein und Abendmahl zu feiern, die er nicht für wahre Gläubige hielt. So entschied er sich, eine eigene Gemeinde nach biblischen Grundsätzen zu bauen, was ihm 1854 gelang. Schnell entstanden in Deutschland weitere Freie Gemeinden, die sich 1874 in Wuppertal zum „Bund Freier evangelischer Gemeinden“ zusammenschlossen. Heute gehören dem Bund über 400 Gemeinden mit etwa 40.000 Mitgliedern an. Die einzelnen Gemeinden verfügen über eine hohe Selbstständigkeit.

Freie evangelische Gemeinden teilen im wesentlichen die Erkenntnisse der Reformation, über eigene Bekenntnisse verfügen sie nicht. Der wesentliche Unterschied zu den Landeskirchen liegt in der besonderen Betonung des persönlichen Glaubenszeugnisses. Nur ‚echte‘ Christen können Mitglieder der Gemeinde werden. Die Säuglingstaufe wird abgelehnt, allerdings wird nicht auf einer erneuten Taufe bestanden.

 

Gemeindeordnung der Freien evangelischen Gemeinde

  1. Name

         Die Gemeinde trägt den Namen „Freie evangelische      Gemeinde……………………………  “.

         Sie gehört zum Bund Freier evangelischer Gemeinden KdöR mit Sitz in Witten/Ruhr.

  1. Grundlage und Auftrag

2.1     Verbindliche Grundlage für Glauben und Leben der Gemeinde ist die Bibel als das geoffenbarte Wort Gottes. In ihrer Gestalt und Ordnung richtet sich die Gemeinde nach dem Vorbild der im Neuen Testament beschriebenen Gemeinden.

2.2     Die Gemeinde hat den Auftrag, Gott anzubeten, das Wort Gottes zu verkündigen, Gemeinschaft der Glaubenden zu pflegen und dem Nächsten in missionarisch-diakonischer Verantwortung zu dienen.

  1. Mitgliedschaft

3.1     Mitglied der Gemeinde kann werden, wer bekennt, dass Jesus Christus sein persönlicher Retter und Herr geworden ist und dass er Vergebung der Sünden empfangen hat. Dies Bekenntnis setzt die Glaubenszuwendung voraus zu dem menschgewordenen, gekreuzigten, auferstandenen, erhöhten und wiederkommenden Sohn Gottes. Erwartet wird, dass Wirkungen dieses Glaubens durch den Heiligen Geist im Leben des Gemeindemitglieds sichtbar werden.

3.2     Der Antrag um Aufnahme in die Gemeinde ist an die Gemeindeleitung zu richten; er wird den Gemeindemitgliedern bekanntgegeben mit einer angemessenen Frist zur Rückäußerung darüber an die Gemeindeleitung. Danach entscheidet die Gemeindeleitung über die Aufnahme. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften über Religionsmündigkeit ist in der Regel eine Mitgliedschaft ab Vollendung des 14. Lebensjahres an möglich.

3.3     Die Mitglieder der Gemeinde sind füreinander verantwortlich. Nach dem Neuen Testament wird versucht, Mitgliedern zurechtzuhelfen, deren Verhalten den biblischen Weisungen widerspricht. Gelingt das nicht, muss der Ausschluss aus der Gemeinde erfolgen.

3.4     Die Mitgliedschaft erlischt außerdem durch schriftliche Erklärung des Mitglieds, durch Überweisung in eine andere Gemeinde oder durch Streichung, wenn das Mitglied trotz der wiederholten Ermahnung seit längerer Zeit nicht mehr am Gemeindeleben teilnimmt, sowie durch den Tod des Mitglieds.

3.5     Über einen notwendig gewordenen Ausschluss oder über die Streichung eines Mitglieds informiert die Gemeindeleitung rechtzeitig die Gemeindemitglieder, damit Fragen und Einsprüche aus der Gemeinde geklärt werden. Danach entscheidet die Gemeindeleitung über den Ausschluss oder die Streichung und informiert anschließend die Gemeinde.

3.6     Die Gemeinde führt ein Verzeichnis ihrer Mitglieder.

Die Freunde der Gemeinde (regelmäßige Besucher der Gemeindeveranstaltungen) werden in einem gesonderten Verzeichnis geführt, um mit ihnen Verbindung halten zu können. In diesem Verzeichnis werden auch die Kinder der Gemeindemitglieder erfasst.

Durch kindgemäße Verkündigung erfahren sie, wie man Christ wird und als Christ zu leben hat. Mitglied der Gemeinde können sie erst dann werden, wenn sie zum persönlichen Glauben gekommen sind und dadurch die Bedingung zur Aufnahme erfüllen.

Die Datenschutzordnung des Bundes findet Anwendung.

  1. Taufe und Abendmahl

4.1     Die Gemeinde lehrt und praktiziert die Taufe der Glaubenden; diese ist jedoch nicht Bedingung für die Aufnahme in die Gemeinde.

4.2     Die Gemeinde feiert regelmäßig mit ihren Mitgliedern das Abendmahl. Andere Christen können als Gäste daran teilnehmen; die Gemeinde gibt bekannt, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist. Alle Teilnehmer müssen in einem Verhältnis zu Gott und ihren Mitmenschen leben, das durch Umkehr, Vergebung und Versöhnungsbereitschaft bestimmt ist.

  1. Organe der Gemeinde

5.1     Die Gemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Verfassung des Bundes.

5.2     Die Organe der Gemeinde sind die Gemeindeleitung und die Gemeinde(mitglieder)-Versammlung.

  1. Die Gemeindeleitung

6.1     Die Gemeindeleitung (Ältestenkreis, Brüderrat, Gemeinderat o. ä.) besteht aus mehreren volljährigen Gemeindemitgliedern, die dazu von der Gemeindeversammlung in geheimer Wahl für die Dauer von vier Jahren berufen werden und wiederwählbar sind. Pastoren gehören für die Zeit ihres Dienstes in der Gemeinde zur Gemeindeleitung.

6.2     Wer zur Gemeindeleitung gewählt wird, muss den dafür im Neuen Testament genannten persönlichen Voraussetzungen entsprechen und vom Vertrauen der Gemeinde getragen sein. Diese Eigenschaften müssen für die gesamte Dauer der Dienstausübung bestehen.

6.3     Die Gemeindeleitung hat die Gemeinde geistlich, seelsorglich und organisatorisch zu leiten. Das schließt auch ein, die Gemeinde gemeinsam nach außen und gegenüber dem Bund zu vertreten, die laufenden Geschäfte zu führen und das Dienstverhältnis des Pastors und weiterer hauptamtlicher Mitarbeiter zu regeln. Außerdem verantwortet sie die Ausgaben im Rahmen des Finanzbudgets der Gemeinde.

6.4     Die Gemeindeleitung sorgt für eine angemessene Arbeitsstruktur, die von der Gemeindeversammlung bestätigt wird. In dieser Arbeitsstruktur wird beschrieben, wer wem gegenüber verantwortlich ist.

  1. Die Gemeindeversammlung

7.1  Die Gemeindeversammlung besteht aus sämtlichen Mitgliedern der Gemeinde. Sie ist von der Gemeindeleitung mindestens jährlich zweimal mit Bekanntgabe der Tagesordnung einzuladen sowie immer dann, wenn mindestens zehn vom Hundert der Mitglieder das schriftlich mit Angabe der Gründe beantragen.

7.2     Die Gemeindeversammlung entscheidet über alle für das Gemeindeleben wichtigen Angelegenheiten. Sie entscheidet über die grundsätzliche Ausrichtung der Gemeindearbeit. Sie wählt die Gemeindeleitung und beruft ggf. Mitglieder daraus ab. Sie beruft den Pastor auf Vorschlag der Gemeindeleitung unter Einbeziehung des zuständigen Bundessekretärs. Sie verabschiedet den Jahresetat und genehmigt den Jahresabschluss des Vorjahres und erteilt dem Kassenverwalter Entlastung. Sie beschließt über wichtige Einzelausgaben und nimmt Arbeits- und Rechenschaftsberichte entgegen.

  1. Beschlussfassung

8.1     Alle Beschlüsse der Gemeinde und ihrer Organe sollen möglichst einstimmig gefasst werden. Nur in Zweifelsfällen soll eine Stimmenmehrheit festgestellt werden. Ergibt sich nicht mindestens eine Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen, soll der Beschluss vertagt werden, bis nach weiterem Überlegen und ernstlichem Beten eine eindeutige Mehrheit zu erwarten ist.

8.2     Die in der Gemeindeversammlung gefassten Beschlüsse sind für die Gemeindeleitung und die Arbeitsgruppen verbindlich.

8.3     Beschlüsse und wichtige Verhandlungen werden in Niederschriften festgehalten, die vom Schriftführer und einem weiteren Gemeindemitglied zu unterschreiben sind.

  1. Vermögensverwaltung

9.1     Die Mitglieder der Gemeinde leisten in Verantwortung vor Gott freiwillig und regelmäßig Beiträge, die ihrem Einkommen angemessen sind.

9.2     Die Gemeindekasse wird vom Kassenverwalter geführt. Sämtliche Eingänge und Ausgänge sind übersichtlich und gewissenhaft zu verbuchen. Das in Gemeindeveranstaltungen gesammelte Geld ist von zwei Gemeindemitgliedern zu zählen; der Betrag ist gegenzuzeichnen. Der Kassenverwalter berichtet in der Gemeindeleitung über die laufende Kassenführung. Die Gemeindeleitung kann aus ihrer Mitte ein Mitglied beauftragen, Einsicht in die Kassenführung zu nehmen, auch um Mitglieder ermahnen zu können, die keine angemessenen Beiträge zahlen. Im Übrigen besteht über die Gaben der einzelnen Gemeindemitglieder Schweigepflicht.

9.3     Die Gemeindekasse ist jährlich einmal durch zwei jeweils von der Gemeindeversammlung rechtzeitig zu beauftragende, geeignete Mitglieder zu prüfen. Die Kassenprüfer haben der Gemeindeversammlung über das Prüfungsergebnis zu berichten und mitzuteilen, ob sie Entlastung vorschlagen können.

9.4     Das Grundeigentum der Gemeinde wird durch den Bund Freier evangelischer Gemeinden KdöR verwaltet und ist auf dessen Namen im Grundbuch eingetragen; die Gemeinde bleibt jedoch wirtschaftlich der verfügungsberechtigte Eigentümer.

9.5     Das Grundvermögen ist in Einnahmen und Ausgaben getrennt von der allgemeinen Jahresrechnung der Gemeinde zu verwalten.

  1. Gemeinnützige Mittelverwendung

10.1 Alle Einnahmen der Gemeinden sind für die in dieser Gemeinde-Ordnung genannten Aufgaben zu verwenden und dienen damit den in der Verfassung des Bundes beschriebenen Zwecken der Religionsgemeinschaft. Die Gemeinde ist selbstlos tätig. Sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.

10.2 Soweit es sich bei den Einnahmen um Spenden handelt, kann unter bestimmten Voraussetzungen darüber eine steuerlich verwertbare Bescheinigung ausgestellt werden.

10.3 Mitglieder der Gemeinde erhalten keinerlei Zuwendungen aus Mitteln der Gemeinde. Möglich ist eine vorübergehende Unterstützung in einer wirtschaftlichen Notlage, die aus Mildtätigkeit an einen Bedürftigen gewährt wird, wie sie auch Nichtmitgliedern gewährt werden kann.

10.4 Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Gemeinde fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.

10.5 Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln der Kommunen, des Landes oder der Bundesrepublik Deutschland werden nur von Fall zu Fall in Anspruch genommen und nur zur Mitfinanzierung solcher Investitionen oder anderer Zwecke, die auch nichtreligiösen Trägern für staatlich geförderte Aufgaben zustehen. Der Nachweis der Verwendung solcher Mittel ist nach den dafür geltenden gesetzlichen Vorschriften zu führen.

  1. Zusammenarbeit im Bund

11.1 Durch die Mitgliedschaft im Bund weiß die Gemeinde sich verpflichtet zur Zusammenarbeit mit anderen Freien evangelischen Gemeinden auf Kreis- und Bundesebene.

11.2 Die Gemeinde fördert im Rahmen ihrer Möglichkeiten die gemeinsamen Aufgaben in der Bundesgemeinschaft geistlich, finanziell und praktisch.

  1. Schlussbestimmungen

12.1 Änderungen dieser Gemeinde-Ordnung und die Auflösung der Gemeinde können von der Gemeindeversammlung nur nach einer mit angemessener Frist vorausgegangenen Bekanntgabe der Tagesordnung und nur mit mindestens Dreiviertel-Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. Falls nicht mindestens die Hälfte aller Gemeindemitglieder anwesend ist, muss zu einer zweiten Gemeindeversammlung zu diesem Zweck mit Monatsfrist erneut eingeladen werden; diese Gemeindeversammlung ist in jedem Fall beschlussfähig.

12.2 Eine beabsichtigte Auflösung der Gemeinde ist unter Darlegung des Sachverhalts frühzeitig der Bundesleitung mitzuteilen, um deren Stellungnahme einzuholen.

12.3 Bei Auflösung der Gemeinde oder bei Änderung der Aufgaben der Gemeinde, die den Wegfall der Steuerbegünstigung zur Folge hat, stehen sämtliche Vermögenswerte dem Bund zu, der sie für seine Zwecke als Religionsgemeinschaft verwendet, vorrangig am Sitz der Ortsgemeinde.