Charakteristika

[BILD]: Ikonen

Kaum etwas charakterisiert die katholische Kirche so sehr wie ihre Hierarchie. Zwar benötigt jede Kirchengemeinschaft eine gewisse Organisation, doch stellt die spezielle Organisationsform der katholischen Kirche nach eigenem Verständnis keine beliebige, nach Effizienzkriterien veränderbare Struktur dar, sondern eine theologische Notwendigkeit.

Die katholische und die evangelische Kirche eint der Wunsch, die Authentizität des Ursprungs zu wahren. Während die evangelische Theologie dieses Ziel durch das Prinzip sola scriptura zu erreichen sucht, also durch die Beschränkung auf die Heilige Schrift als Ur-Kunde der Kirche, setzt die katholische Theologie auf das Prinzip der apostolischen Sukzession. Der Schatz des Glaubens soll durch die Weitergabe bewahrt werden, und zwar in erster Linie durch die Bischöfe. Ein Bischof ist Leiter einer Ortskirche, eines Bistums, und ist als solcher eingebunden in eine Traditionskette, die bis zu den Aposteln zurückreicht, welche die ersten Gemeinden gründeten.

Die Ortskirche von Rom spielte dabei seit jeher eine besondere Rolle, was vor allem auf die Apostel Petrus und Paulus zurückzuführen ist, die beide in Rom wirkten. „Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen“ – dieser Satz, der die imposante Kuppel des Petersdoms umrahmt, bildet die Grundlage für die Vorrangstellung des römischen Bischofs, des Papstes. Petrus gilt nach katholischem Verständnis als der erste Bischof von Rom und bildet somit den Anfang der Liste der römischen Bischöfe (Päpste), die bis zu Papst Franziskus reicht und insgesamt 266 Namen enthält.

In der römischen Kirche wurde, so das katholische Verständnis, die echte und ursprüngliche apostolische Tradition in besonderer Weise gewahrt, weshalb die übrigen Kirchen mit ihr in allen Fragen der Lehre übereinstimmen müssen. Am Eingang der Lateranbasilika, dem Bischofssitz des Bischofs von Rom (nicht der Petersdom, wie oft angenommen wird), findet sich dieses Selbstverständnis auf einer steinernen Tafel: „Mater et caput omnium ecclesiarum urbis et orbis – Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises“.

Der Papst hat gemäß katholischer Lehre die Fähigkeit, Glaubenssätze zu verkünden, die als unfehlbar gelten. Diese Vorstellung, die erst 1870 auf dem ersten Vatikanischen Konzil formalisiert wurde, gehört zu den umstrittensten Elementen katholischer Lehre. Es ist daher wichtig, zu verstehen, was dieses Dogma genau besagt. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass nicht von einer generellen Unfehlbarkeit des Papstes gesprochen wird. Der Papst ist ein Mensch und als solcher fehlbar. Aber in seinem Amt verdichtet sich die Einheit des Gottesvolkes. Der Papst versteht sich als Wahrer dieser Einheit und kann daher – nicht als Person, sondern qua Amt – Glaubenswahrheiten verkünden, die dem consensus fidelium (Einstimmigkeit der Glaubenden) entsprechen und somit nicht irrig sein können. Tatsächlich wurde seit Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas im Jahre 1870 nur ein einziges Mal von diesem besonderen Recht Gebrauch gemacht: Papst Pius XII. verkündete 1950 das (unfehlbare) Dogma der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel.

Ein weiteres Merkmal, das die katholische Kirche insbesondere von der evangelischen unterscheidet, ist die Sakramentenlehre. Anders als die reformatorischen Kirchen, die in der Regel nur zwei Sakramente anerkennen (Taufe und Abendmahl), kennt die katholische Tradition derer sieben: Taufe, Abendmahl, Beichte, Firmung, Eheschließung, Krankensalbung, Priesterweihe. Wie auch in anderen Fragen liegt der Unterschied im unterschiedlichen Verständnis von Schrift und Tradition. Die reformatorischen Kirchen folgen dem Prinzip sola scriptura und erkennen daher nur Taufe und Abendmahl als echte sakramentale Handlungen an, weil nur diese beiden unmittelbar von Jesus eingesetzt bzw. angeordnet wurden. Die katholische Theologie sieht hingegen auch die übrigen fünf Sakramente im Wirken Jesu begründet, wenngleich sie sich erst im Laufe der Zeit als solche entwickelt haben.

Als drittes typisches Merkmal sei noch die Heiligenverehrung genannt. Die Verehrung der Heiligen gilt als indirekte Gottesverehrung, also als Verehrung Gottes durch das Medium der Heiligenverehrung. Allerdings werden den Heiligen auch konkrete Eigenschaften bzw. Fähigkeiten zugeschrieben. So gibt es Schutzheilige für bestimmte Berufe sowie für bestimmte Probleme. Nach katholischem Verständnis können die Heiligen aufgrund ihrer Verdienste persönlich bei Gott für die Gläubigen fürbitten. Eine besondere Form der Heiligenverehrung bildet die Marienfrömmigkeit. Die Mutter Jesu wird in der katholischen Kirche „unter dem Titel der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin“ (Lumen Gentium) angerufen und verehrt. Sie verfügt im katholischen Kirchenjahr über insgesamt vier Hochfeste: Maria Gottesmutter (1. Januar), Mariä Verkündigung (25. März), Mariä Himmelfahrt (15. August, siehe das oben erwähnte Dogma), Mariä Empfängnis (8. Dezember).