2.1.2 Röm. 7,7-13

Dieser Abschnitt beginnt mit einer typisch paulinischen Formulierung: „Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Keineswegs!“ Der Apostel möchte im Folgenden also einem Missverständnis vorbeugen, das bis zu diesem Zeitpunkt leicht hat entstehen können. Bisher hat Paulus oft negativ über das Gesetz gesprochen. Daher stellt er nun klar: „Deshalb ist das Gesetz heilig und das Gebot ist heilig, gerecht und gut.“ Weshalb? Weil nicht das Gesetz Schaden anrichtet, sondern die Sünde, die sich des Gesetzes bediente.

Um dies zu verdeutlichen, wählt Paulus allerdings eine Erzähltechnik, die zumindest auf nachfolgende Generationen von Lesern eher verwirrend gewirkt hat. Er spricht davon, dass er einst ohne Gesetz lebte und dann, nachdem das Gebot gegeben worden war, zu Tode kam, da ihm die Sünde mithilfe des Gebots den Tod brachte. Wie ist diese Aussage zu verstehen? Klar ist lediglich, dass Paulus, obwohl er in der ersten Person spricht, hier nicht sich selbst meinen kann, denn wann in seinem Leben hätte es eine Zeit ohne Gesetz gegeben? Unter den Exegeten kursieren im Wesentlichen zwei unterschiedliche Auslegungsvarianten.

Die einen vertreten die Ansicht, Paulus spreche hier im Namen Adams. Für diese Variante spricht die beschriebene Situation. Adam lebte einst ohne Gesetz und fand durch das Gebot bzw. durch die Sünde den Tod. Er ist im Grunde die einzige Person, auf die diese Geschichte voll und ganz zutrifft. Dennoch muss dagegengehalten werden, dass diese Interpretation ein erhebliches Maß an Kreativität erfordert. Es darf bezweifelt werden, dass die Mehrzahl der damaligen Leser bzw. Hörer des Briefes diesen gedanklichen Sprung vollzogen haben. Warum sollte Paulus sein Publikum absichtlich in Verwirrung stürzen?

Gemäß der zweiten Variante hat Paulus hier keine konkrete Person, weder Adam noch sich selbst noch sonst jemanden, im Auge, sondern möchte einfach ganz allgemein die Wirkung des Gesetzes veranschaulichen. Zu diesem Zweck versetzt er sich in die fiktive Situation eines Menschen, der einst ohne Gesetz lebte. Dass er dabei das Schicksal Adams vor Augen hat, ist durchaus möglich. Auch diese Lösung mag nicht vollständig befriedigen, erscheint aber als die plausiblere. Allerdings liegen beide Erklärungen recht nahe beieinander, so dass die Entscheidung für eine der beiden und gegen die jeweils andere keine gravierenden Konsequenzen haben dürfte. Im kommenden Abschnitt sieht das hingegen schon anders aus.